
Für mein Kind sind Veränderungen oft schwierig – selbst Kleinigkeiten wie ein neuer Sitzplatz in der Schule können Unruhe auslösen.
Ich habe gelernt:
Vorbereitung ist alles.
Unsere Strategien:
Früh ankündigen – so kann sich mein Kind innerlich darauf einstellen.
Visualisieren – wir malen oder drucken Bilder von der neuen Situation.
Proben – wenn möglich, vorher hingehen oder die Veränderung spielerisch durchgehen.
Sicherheitsanker mitgeben – z. B. einen kleinen Gegenstand, der Sicherheit gibt.
Das nimmt den Druck und macht Neues leichter.
Veränderungen sind für viele Kinder eine Herausforderung – für Kinder mit ASS können sie aber ein echter Stolperstein sein. Selbst kleine Dinge, wie ein neuer Sitzplatz in der Schule oder ein anderes Frühstück am Morgen, reichen manchmal aus, um alles ins Wanken zu bringen. Ich habe über die Jahre gelernt: Vorbereitung ist der Schlüssel.
Ich möchte heute unsere Geschichte teilen – und sie beginnt schon ganz früh.
Unsere Geschichte
Schon als Baby war mein Sohn „anders“ – anders als meine anderen Kinder. Er war ein Schreibaby, viel extremer, nur auf mich fixiert.
Jede Veränderung führte zu unaufhörlichem Weinen – selbst wenn er bei seinem Vater oder den Groß- und Urgroßeltern war.
Die Eingewöhnung in die Krabbelstube, die normalerweise sieben Tage dauert, zog sich bei uns über fast sieben Wochen – eine unglaublich anstrengende Zeit.
Im Kindergarten gab es erste Besserungen, doch dann ging seine wichtigste Bezugsperson in Mutterschutz. Und das Drama begann von vorne.
Gleichzeitig kamen einige Schicksalsschläge in unser Leben, die mein Sohn mit seinen knapp drei Jahren nicht begreifen konnte.
Mit vier Jahren folgten Trennung und Scheidung vom Kindesvater. Neue Wohnung, neuer Kindergarten, neue Umgebung – die Wohnung war hell, ruhig und bot viel Platz, damit kam er gut zurecht. Aber der neue Kindergarten war auf Kinder wie ihn nicht vorbereitet.
Die eineinhalb Jahre dort waren geprägt von Problemen: ständige Belehrungen und Diagnosen durch Betreuerinnen, die mich verletzt und wütend machten. Mein Sohn fühlte sich dort nicht wohl. Es wurde viel geschrien, er wurde von anderen Kindern getrennt, ich erhielt laufend Anrufe, weil die Betreuerinnen überfordert waren.
Dann kam der Schulanfang – und die Katastrophe war vorprogrammiert.
Eine Containerschule (da eine neue Schule gebaute wurde), enge Räume, eine Lehrerin, die heillos überfordert war.
Ich musste unglaublich viel kämpfen: gegen Behauptungen, gegen Schuldzuweisungen. Am Ende hatte die Lehrerin sogar eine Trillerpfeife dabei, weil mein Sohn mehrmals davonlief.
Schulpsychologie, endlose Gespräche – eine reine Katastrophe. Man erwartete von mir oft, dass ich meine Arbeit aufgebe, um zu Hause bei meinem Sohn zu bleiben. Doch das war unmöglich – ich war alleinerziehend mit vier Kindern und musste, wie jede Mutter, für unseren Lebensunterhalt sorgen.
Mein Sohn ging mit Bauchschmerzen in die Schule – Tag für Tag. Und nicht nur er. Auch für mich war es ein täglicher Kampf. Das zog sich von September bis Jänner hin. Dann suchte ich, unterstützt von einer Beratungslehrerin und der Schulpsychologin, Hilfe bei einem Psychiater.
Dort kam endlich die Diagnose: ASS, mit unterliegenden Begleitdiagnosen wie ADHS und ADS. Für mich, meine anderen Kinder und meinen jetzigen Verlobten bedeutete das eine komplette Umstrukturierung unseres Lebens. Ich besuchte Lehrgänge, Weiterbildungen und informierte mich über alles, was uns helfen konnte.
Mit Hilfe des Landesschulrates, der Beratungslehrerin, dem Psychiater und der Schulpsychologin gelang es mir schließlich, meinen Sohn im Halbjahr aus der alten Schule herauszunehmen und in eine passende Schule zu wechseln: eine sogenannte „Time-Out-Klasse“ mit nur drei Kindern und zwei speziell geschulten Bezugspersonen. Eine Schule, die wie gemacht war für meinen Sohn.
Besonders wichtig war, dass er dort merkte: „Ich bin nicht allein.“ Er sah, dass es noch andere Kinder gab, die ebenso außergewöhnlich waren wie er. Zum ersten Mal fühlte er sich wirklich verstanden und angenommen. Mit der Zeit bekam er auch passende Medikamente vom Psychiater verschrieben, die ihm halfen, sich besser zu konzentrieren.
Das letzte halbe Schuljahr war ein Aufblühen – er entwickelte sich wunderbar. Es gab regelmäßigen Austausch mit der Lehrerin, der Sozialpädagogin und der Direktorin. Am letzten Schultag bekam ich den Anruf: Mein Sohn sei so weit, in eine kleine, reguläre Klasse zu wechseln – mit der Möglichkeit, jederzeit wieder in die Time-Out-Klasse zu gehen, wenn er Ruhe brauchte.
Auf Empfehlung des Psychiaters begannen wir im Herbst außerdem mit einer Kampfsportart mit Persönlichkeitsentwicklung. Mein Sohn liebt es bis heute, ist erfolgreich und schöpft daraus Kraft und Selbstbewusstsein.
Was ich daraus gelernt habe
Unser Weg war steinig, voller Rückschläge, Zweifel und schlafloser Nächte. Aber auch voller Erkenntnisse. Ich habe gelernt, dass Vorbereitung, Struktur und Verständnis unsere stärksten Werkzeuge sind.
Unsere wichtigsten Strategien:
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Früh ankündigen – Veränderungen brauchen Zeit.
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Visualisieren – Bilder und Rituale machen Neues greifbarer.
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Proben – Schritt für Schritt an Unbekanntes heranführen.
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Sicherheitsanker – ein kleiner Gegenstand kann großen Halt geben.
Mein Fazit
An alle Eltern, die gerade Ähnliches durchmachen: Ihr seid nicht allein. Ich weiß, wie verletzend Vorurteile und unfaire Schuldzuweisungen sind. Aber ich weiß auch, wie viel Stärke in uns Eltern steckt – und wie sehr unsere Kinder davon profitieren, wenn wir an sie glauben und nicht aufgeben.
Heute bin ich stolz – auf meinen Sohn, auf meine Familie und auf mich selbst. Veränderungen sind immer noch schwer für ihn, aber er hat gelernt, damit umzugehen. Und wir als Familie haben gelernt, dass auch die schwierigsten Wege in eine gute Richtung führen können.