Lehrer können den Alltag eines Kindes mit ASS entscheidend erleichtern – oder erschweren. Aus meiner Sicht als Mutter war und ist die Schule einer der größten Stolpersteine auf unserem Weg.
Ich möchte dir heute erzählen, wie wir diese Herausforderungen erlebt haben – und welche Dinge aus Elternsicht wirklich einen Unterschied machen.
Unsere Geschichte
Als mein Sohn eingeschult wurde, ahnte ich, dass es schwierig werden könnte. Schon im Kindergarten war deutlich: Er braucht klare Strukturen, feste Bezugspersonen und Pausen, wenn ihm alles zu viel wird. Aber was uns in der Schule erwartete, übertraf meine Befürchtungen.
Containerschule, enge Räume, laute Geräuschkulisse – all das brachte ihn schon in den ersten Wochen an seine Grenzen. Die Lehrerin war überfordert, rief mich fast täglich an, und mein Sohn begann, die Schule mit Bauchschmerzen zu hassen. Mehrmals lief er weg. Es gab sogar die absurde Situation, dass die Lehrerin mit einer Trillerpfeife „arbeiten“ wollte, um ihn zurückzuholen. Für mich als Mutter war das eine Katastrophe.
Doch nicht nur er litt. Auch meine anderen Kinder bekamen die Spannungen zu spüren. Mein zweiter Sohn fragte eines Abends: „Mama, warum schimpfen die Lehrer immer mit ihm, wenn er doch gar nichts dafür kann?“ Mein dritter meinte: „Es ist unfair, dass er so oft krank zu Hause bleibt und wir trotzdem jeden Tag gehen müssen.“
Das hat mir gezeigt: Autismus betrifft nicht nur das eine Kind. Er betrifft die ganze Familie. Jeder meiner vier Söhne musste lernen, mit den Herausforderungen seines Bruders umzugehen – und das war nicht immer leicht.
Der Wendepunkt
Irgendwann wusste ich: So geht es nicht weiter. Gemeinsam mit der Schulpsychologin, dem Landesschulrat und einem sehr engagierten Psychiater kämpfte ich für einen Schulwechsel. Es dauerte, aber schließlich durfte mein Sohn in eine „Time-Out-Klasse“ wechseln. Dort gab es nur drei Kinder, zwei geschulte Bezugspersonen und eine Direktorin, die das Thema Autismus ernst nahm.
Zum ersten Mal hatte er Rückzugsräume. Zum ersten Mal bekam er positives Feedback. Zum ersten Mal merkte er: Ich bin nicht allein, es gibt auch andere Kinder, die „anders“ sind.
Das veränderte alles. Für ihn. Und für uns als Familie.
8 Dinge, die Lehrer wissen sollten
Aus diesen Erfahrungen möchte ich Lehrkräften heute acht Tipps mitgeben, die für uns Eltern von ASS-Kindern entscheidend sind:
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Klare Strukturen schaffen.
Kinder mit ASS brauchen vorhersehbare Abläufe. Ein Stundenplan, der sichtbar im Klassenzimmer hängt, kann Wunder wirken. -
Visuelle Hilfen einsetzen.
Bilder, Symbole, Karten – sie machen Aufgaben greifbar. Mein Sohn versteht Anweisungen viel besser, wenn er sie nicht nur hört, sondern auch sieht. -
Vorhersehbare Abläufe einhalten.
Spontane Änderungen können Panik auslösen. Wird der Turnsaal gewechselt oder die Stunde verschoben, sollte das rechtzeitig angekündigt werden. -
Reizüberflutung vermeiden.
Laute Räume, ständiger Lärm, Hektik – all das überfordert. Pausen in ruhigen Zonen sind keine „Belohnung“, sondern notwendig. -
Rückzugsorte ermöglichen.
Mein Sohn braucht einen Platz, an den er gehen kann, wenn alles zu viel wird. Ohne das kommt es zu Eskalationen. -
Positives Feedback geben.
Kinder mit ASS hören so oft, was „nicht geht“. Lob für kleine Fortschritte baut Selbstvertrauen auf und motiviert. -
Eltern einbeziehen.
Wir Eltern sind keine „Störenfriede“. Wir kennen unsere Kinder am besten – und können wertvolle Hinweise geben, die den Schulalltag erleichtern. -
Stärken fördern.
Autismus bedeutet nicht nur Defizite. Mein Sohn hat besondere Begabungen – im logischen Denken, im Sport, in bestimmten Detailbereichen. Lehrer, die das sehen, öffnen Türen statt Mauern.
Mein Fazit
Heute läuft vieles besser – nicht perfekt, aber besser. Mein Sohn hat eine Schule gefunden, die ihn sieht und unterstützt. Und meine anderen drei Kinder sowie mein Stiefsohn haben gelernt, dass es in unserer Familie manchmal anders läuft – aber dass wir gemeinsam stärker sind.
An alle Lehrer, die vielleicht gerade mit einem Kind wie meinem arbeiten: Bitte sehen Sie nicht nur die Schwierigkeiten. Sehen Sie das Kind. Mit Strukturen, Geduld und Herz können Sie nicht nur den Alltag dieses Kindes erleichtern, sondern auch das Leben einer ganzen Familie.
Und an alle Eltern: Ihr seid nicht allein. Es ist ein Kampf – aber er lohnt sich.